aka Dee Dee Halligan, Don Chereyne, Mike Linceton, D. Lynstedt

THE TONY HENDRIK FIVE STORY

Dieter Lünstedt hatte schon in Rendsburg die Lehrer gegen sich aufgebracht und den Beat aus dem Ärmel geschüttelt. Zuerst The Luniks, dann Tony Hendrik And The Luniks.
Lünstedt: “Um dem Druck der Lehrer ein wenig zu entgehen und mich aus der Schußlinie zu holen, legte ich mir einen Künstlernamen zu. Ich bin dann zum Star-Club-Chef Manfred Weißleder gegangen und hab’ ihm erklärt, ich wolle so eine Johnny-And-The Hurricanes-artige Band aufziehen. Und er war begeistert, weil er ja ein großer Fan von denen war.”

Man fand zwar einen Organisten, aber keinen Saxophonisten. So wurden die Rendsburger Johnny And The Hurricanes auf Eis gelegt, und Tony Hendrik zog statt nach Kiel zum Studium der Rechtswissenschaften in die Rheinstadt Köln.
Zwei Monate vor Ort, und schon saß Dieter Lünstedt, Rhythmusgitarre, Gesang, mit Rolf Kutscher, Schlagzeug, im Keller und probte. Dieter Meyer, Baß, folgte, und als Trio The Big Three legte man den Kölnern die härteren Chuck-Berry-Nummern vor die Ohren. Dann spukte Dieter wieder der Johnny-And-The-Hurricanes-Sound im Kopf herum. Flugs war ein Organist rekrutiert: Frieder Viehmann. Zack: Umbenennung in The Tony Hendrik Four. Die Deutsche Vogue fand die Idee ähnlich gut wie Weißleder, und schon standen die vier in einem Ratinger Studio, um Aufnahmen zu machen. Das Saxophon spielte Tim Norvo. Aber die Vogue veröffentlichte die Aufnahmen nicht.

Die nun The Tony Hendrik Five genannte Gruppe versuchte ihr Glück bei der EMI-Electrola. Und die biß an. Mit Red River Rock hatten Johnny & Hurricanes vorgemacht, wie man Volkslied Melodien mit Rock ‘n’ Roll aufmotzen konnte. Das versuchte die Tony Hendrik Five auch, allerdings ohne die letzte Konsequenz, die geheißen hätte, auf deutsches Liedgut zurückzugreifen. Stattdessen entstand mit der LP “Nightflight” ein Stilmix zwischen Down By The Riverside und Big Boss Man. Insgesamt fehlte der LP der durchgehende Stil: Da paarten sich Schlagertitel wie Roland Gonna See mit erstklassigen Seelenbrechern wie Got A Worried Mind oder Bluesnummern wie Mistreated Man.
Mit acht Eigenkompositionen ist das Album sicherlich eine der besseren deutschen LPs, vor allem die B-Seite überzeugt. Fast alle Bandmitglieder hatten sich nun Künstlernamen verpaßt: Ron David (Schlagzeuger und Sänger), Eric Folkert (Bassist), Tony Hendrik (Leadgitarrist und Sänger), Tim Norvo ( (Saxophonist) und Frieder Reynard (Organist und Sänger).

Tony Hendrik, unzufrieden mit den Produktionen, bat seine Plattenfirma, ihm selbst die Arbeit des Produzenten zu übertragen. There’s A Tavern In Town entstand, mit der mittlerweile Kultstatus genießenden Rückseite I’ve Said My Say , eine sehr progressive und starke Nummer.
Dieter Lünstedt: “ Wir haben bemängelt, daß die Lords den besseren Toningnieur hatten, aber bei mir war ja Gernot Flammiger (unter dem Künstlernamen Gerry Fleming, Anm. d. Verf.) als Bassist dabei, und der hatte Toningenieur gelernt, also übernahm er das.” Auch was die Anlage betraf, hatte die Tony Hendrik Five sich auf den neuesten Stand gebracht. Und das sollte auch den Sound auf Platte beeinflussen.

Dieter Lünstedt: “Den verzerrten Gitarrensound haben wir dadurch erreicht, daß wir meinen Marshall voll aufgedreht haben, und damit das nicht das ganze Haus zum Erzittern brachte, haben wir ihn rundherum mit Matratzen verhüllt. Das Mikro haben wir mit rein gepackt.”

Schlagzeuger war mittlerweile Thomas Richard ‘Tommy’ Engel (vormals bei den Kölner Bands The Luckies und The Block Birds aktiv, und um dann zunehmend Karriere zu machen: mit The Hush, The Stowaways und schließlich de Bläck Fööss).

Dieter Lünstedt: “Der war nicht lange bei uns, er hatte ja keine Lust zu proben.”
Und so war Kutscher bald wieder in der Band, und mit ihm kam der Gitarrist Pete Zimmer (Ex-Skyriders), denn Thomas Engel hatte Frieder Viehmann gleich mit zu The Hush abgeworben.
Mit The Hush begleitete er Adam & Eve auf einer Single (siehe CD “Die Frankfurt Szene” BCD 16465 AR)

Tony Hendrik war mittlerweile als bezahlter Produzent bei der Deutschen Vogue angestellt, und als solcher ließ er es sich nicht nehmen, sich selbst zu produzieren. Er nahm zunächst mal seine ganze Band mit, denn der Electrola-Vertrag war ausgelaufen. Doch die Fluktuation bei der Five war erheblich, und bald bestand die Band aus Tony Hendrik, Gesang und Rhythmusgitarre, Peter ‘Peter Power’ Schild, Orgel, ‘Hilli’ Hillenhütter, Bass, Peter Zimmer, Leadgitarre und Rolf Kutscher, Schlagzeug.

Die nächste Single machte man als The Tony Hendrik, denn für ‘Five’ war einer zuviel an Bord, und das klang auch viel moderner. Dann wechselte noch einmal der Schlagzeuger, Günter Steinborn (ex-Barking Dogs) kam. Mit wechselnden Besetzungen rettete man sich gerade noch in die 70er Jahre. Dann verlegte sich Dieter Lünstedt ganz auf die Produktion.

AUS: BEAT IM WESTEN (Bear Family) , von Hans-Jürgen Klitsch